Dr. Luthardt's Chemieseiten 



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26.04.2024

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Themen zur Chemie

von Michael Luthardtauthor: Michael Luthardt

Auf diesem Teil meiner Website gibt es Artikel zu Themen, die mich persönlich interessieren.

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Was ist Chemie? Historische Zitate.

Keine Kunst aber verdienet den nahmen und ruhm einiger vollkommenheit zuhaben als welche nothwendig/ nuͤtzlich/ und lieblich ist. Diese drey Eygenschafften besitzet zugleich die Hoch-Edle Chymia oder Scheydekunſt; andere sind entweder einer oder der andern Eygenschafft beraubet/ und derhalben mit dieser im geringsten nicht zu vergleichen. Auß dieser sind entsprossen viel schoͤne Inventionen/ so der Welt zu einer grossen Zierde gereichet/ und den Kuͤnſtlern zu einem grossen gewinn; darauß ist entsprungen das Glas-machen/ eine solche schoͤne wissenſchafft als man eine finden mag; darauß ist geflossen die Kunst allerley farben zuwegen zubringen/ als da sind/ Sublimat/ Zinober/ Arsenic/ die Purpurina/ und andere mehr zierliche Inventionen; neben den herꝛlichen und kraͤfftigen Essentien/ so beydes innerlich und aͤusserlich in der Menschen Schwachheiten/ Wunden/ Geschwaͤren/ Graͤtze/ Laͤhme/ ꝛc. nothwendig erfordert/ und zur Gesundheit nůtzlich gebraucht werden.

Johannis Rudolf Glauberi Philosophi & Medici Celeberrimi Continuatio OPERUM CHYMI-CORUM, Franckfurt am Maͤyn/ Jn Verlegung Thomæ-Matthiæ Goͤtzens, MDCLIX

 

And, to prevent mistakes, I must advertize You, that I now mean by Elements, as those Chymists that speak plainest do by their Principles, certain Primitive and Simple, or perfectly unmingled bodies: which not being made of any other bodies, or of one another, are the Ingredients of which all those call’d perfectly mixt Bodies are immediately compounded, and into which they are ultimately resolved: now whether there be any one such body to be constantly met with in all, and each, of those that are said to be Elemented bodies, is the thing I now question. ...
Now the Considerations that induce men to think that there are Elements, may be conveniently enough referr’d to two heads. Namely, the one, that it is necessary that Nature make use of Elements to constitute the bodies that are reputed Mixt. And the other, That the Resolution of such bodies manifests that nature had compounded them of Elementary ones. ...
For by that, I hope, you are satisfied, that the Arguments wont to be brought by Chymists, to prove That all Bodies consist of either Three Principles, or Five, are far from being so strong as those that I have employ’d to prove, that there is not any certain and Determinate number of such Principles or Elements to be met with Universally in all mixt Bodies.


Robert Boyle, The Sceptical Chymist, 1661

Boyle fordert, experimentell nach Elementen – den nicht weiter zerlegbaren Bestandteilen zusammengesetzter Körper – zu suchen. Er befreite damit die Chemie von der aristotelischen Vorstellung von den Elementen als 3 oder 4 "Prinzipien" – Feuer, Wasser, Erde, Luft – aus denen sich die Stoffe zusammen setzen.

Der_Alchemist

Chymia, alias alchymia et spagiricaChemie, auch bekannt als Alchemie und Spagyrik, ist die Kunst, Körper, die entweder gemischt oder zusammengesetzt sind oder sogar in ihre Prinzipien aggregiert sind, aufzulösen oder sie aus Prinzipien zu solchen zu kombinieren. Sein Thema sind alle vermischten und zusammengesetzten Dinge, die aufgelöst und kombiniert werden können. Das Objekt selbst ist Auflösung und Kombination oder Korruption und Erzeugung. , est ars corpora vel mixta vel composita, vel aggregata etiam in principia sua resolvendi, aut ex principiis in talia combinandi. Subjectum ejus sunt omnia mixta et composita, quae resolubilia et combinabilia; objectum est ipsa resolutio et combinatio, seu corruptio et generatio.

Georg Ernst Stahl, Fundamenta chymiae dogmaticae et experimentalis, 1723

Stahl, mit Becher Begründer der Phlogistontheorie, war wohl der Erste, der theoretische und experimentelle Chemie unterschied (Chymia rationalis et experimentalis, 1729).

 

Химия — наука об изменениях, происходящих в смешанном теле, поскольку оно смешанное. …
Истинный химик должен быть теоретиком и практиком. …
Какой свет способна возжечь в спагирической науке математика, может предвидеть тот, кто посвящен в ее таинства и знает такие главы естественных наук, удачно обработанные математически … и для химиков я не вижу никакой иной причины, вследствие которой они не могли бы вывести больше закономерностей из такого обилия имеющихся опытов, кроме незнания математики.


Михаил Васильевич Ломоносов, Элементы математической химии, 1741

Lomonossov hat von Beginn an die Chemie als eine exakte Wissenschaft beschrieben und gegen anderslautende Meinungen verteidigt. Wohl als erster hat er die Anwendung der Mathematik in der Chemie nicht nur für möglich erachtet, sondern gefordert. 220 Jahre später wurde vor Übertreibungen in dieser Hinsicht next gewarnt, geradezu abschreckend ist das unten genannte Römpp-Zitat.
Kannte Immanuel Kant Lomonossov?

 

The object and chief end of chemistry is to separate the different substances that enter into the composition of bodies; to examine each of them apart; to discover their properties and relations; to decompose those very substances, if possible; to compare them together, and combine them with others; to reunite them again into one body, so far as to reproduce the original compound with all its properties; or even to produce new compounds that never existed among the works of nature, from mixtures of other matters differently combined.
But this analysis, or decomposition, of bodies is finite; for we are unable to carry it beyound a certain limit. In whatever way we attempt to go further, we are always stopped by substances in which we can produce no change, and which are incapable of being resolved into others.
To these substances we may give the title of principles or elements.


Encyclopædia Britannica, Vol. II. p. 66
Edinburgh: MDCCLXXI

Eine erstaunlich moderne Definition der Chemie, die wir in der Erstausgabe der Encyclopædia Britannica von 1771 finden, und die sich sehr an die Stahl'sche Definition anlehnt. Ehrlicherweise müssen wir hinzufügen, dass in diesem umfangreichen (pp. 66 – 130) Aufsatz noch diskutiert wird, ob es sich um die klassischen vier Elemente (eher principles) der alten Griechen oder doch um Substanzen handelt.

 

Eigentliche Wissenschaft kann nur diejenige genannt werden, deren Gewißheit apodiktisch ist; Erkenntniß, die blos empirische Gewißheit enthalten kann, ist ein nur uneigentlich so genanntes Wissen. Dasjenige Ganze der Erkenntniß, was systematisch ist, kann schon darum Wissenschaft heißen und, wenn die Verknüpfung der Erkenntniß in diesem System ein Zusammenhang von Gründen und Folgen ist, sogar rationale Wissenschaft. Wenn aber diese Gründe oder Principien in ihr, wie z. B. in der Chemie, doch zuletzt blos empirisch sind, und die Gesetze, aus denen die gegebene Facta durch die Vernunft erklärt werden, blos Erfahrungsgesetze sind, so führen sie kein Bewußtsein ihrer Nothwendigkeit bei sich (sind nicht apodiktisch=gewiß), und alsdann verdient das Ganze in strengem Sinne nicht den Namen einer Wissenschaft, und Chemie sollte daher eher systematische Kunst als Wissenschaft heißen.

So lange also noch für die chemischen Wirkungen der Materien auf einander kein Begriff ausgefunden wird, der sich construiren läßt, d. i. kein Gesetz der Annäherung oder Entfernung der Theile angeben läßt, nach welchem etwa in Proportion ihrer Dichtigkeiten u. d. g. ihre Bewegungen sammt ihren Folgen sich im Raume a priori anschaulich machen und darstellen lassen (eine Forderung, die schwerlich jemals erfüllt werden wird), so kann Chemie nichts mehr als systematische Kunst oder Experimentallehre, niemals aber eigentliche Wissenschaft werden, weil die Principien derselben blos empirisch sind und keine Darstellung a priori in der Anschauung erlauben, folglich die Grundsätze chemischer Erscheinungen ihrer Möglichkeit nach nicht im mindesten begreiflich machen, weil sie der Anwendung der Mathematik unfähig sind.


Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft von Immanuel Kant, Vorrede S. 370ff
Riga, Hartknoch 1786

In seinen letzten Lebensjahren tendierte Kant doch dazu, die Chemie als Wissenschaft zu akzeptieren.

 

Die Chemie ist ein Theil der Naturwissenschaft. Die Naturwissenschaft im Allgemeinen beschäftigt sich mit sämmtlichen auf der Welt befindlichen Massen, ihren Eigenschaften und Veränderungen, sofern diese nicht durch die menschliche Seele hervorgebracht werden.

   Der Gegenstand der Chemie sind fast bloß diejenigen Veränderungen der Körper, welche durch die Affinität bewirkt werden. Da diese Veränderungen bestehen: 1. in Verbindungen ungleichartiger Materien zu einem gleichartigen Ganzen und 2. in zuweilen damit verbundenen Abscheidungen ungleichartiger Stoffe aus gleichartigen Ganzen, so läßt sich auch die Chemie definiren als die Lehre von den Verbindungen ungleichartiger Körper zu gleichartigen Ganzen, und von den Abscheidungen ungleichartiger Stoffe Stoffe aus gleichartigen Ganzen.
   Dieser angegebene Umfang der Chemie wird noch durch Folgendes erweitert.
   1. Durch eine kurze Betrachtung der Cohäsion und der Adhäsion.
   2. Durch die Aufzählung sämmtlicher physischer Eigenschaften der einfachen Stoffe und ihrer durch Affinität bewirkten Verbindungen.

Die Chemie als eine für sich bestehende Wissenschaft betrachtet, die das Ganze des chemischen Wissens umfaßt, und die die chemischen Besonderheitender verschiedenen Stoffe ohne Berücksichtigung einer außerhalb der Wissenschaft selbst liegenden Anwendung angiebt, führt den Namen der reinen, theoretischen, philosophischen Chemie.

Man kann noch die Chemie als Wissenschaft der Chemie als Kunst entgegensetzen. Letztere, als praktische Chemie lehrt die Regeln, welche befolgt werden müssen, um die chemischen Verbindungen und Trennungen der Stoffe hervorzubringen.


Handbuch der theoretischen Chemie von Leopold Gmelin, Erster Band
Frankfurt am Main, Varrentrapp 1817

 

Jedem Anfänger muss … die Chemie unverständlich, ihr Studium schwierig und trocken erscheinen, wenn der Unterricht darin nicht durch Versuche unterstützt und erläutert wird. …
Die Chemie ist, abgesehen von ihrer Nützlichkeit, die Niemand bestreiten wird, eine so schöne Wissenschaft: sie macht uns erst recht heimisch in unserer allernächsten Nähe; sie giebt uns den Schlüssel zu den allergewöhnlichsten Naturerscheinungen, zu den zahllosen Veränderungen, die ohne Unterbrechung um uns hervor sich gehen; sie zeigt auch im Kleinsten das Walten einer ewigen Ordnung und Weisheit; sie bildet das Beobachtungsvermögen und den Scharfblick so des Auges wie des Geistes. Und doch wird sie immer noch nicht als ein allgemeines Bildungsmittel anerkannt, noch nicht in allen Gymnasien, in allen Seminarien gelehrt! Eine Wissenschaft, die uns Aufschluss giebt über die gewöhnlichsten Erscheinungen in der Natur, sollte nicht jedem nach Bildung strebenden Menschen von hohem Interesse sein? Eine Wissenschaft, die uns zeigt, dass auch im Kleinsten eine ewige Weisheit, Ordnung und Gesetzmässigkeit herrscht, sollte nicht auch einen wohlthätigen Einfluss auf das moralische Gefühl des Menschen ausüben? Eine Wissenschaft, welche das Beobachtungs- und Urtheilsvermögen des Menschen schärft, sollte nicht auch um des pädagogischen Nutzens willen, als formales Bildungsmittel, Eingang in höheren Bildungsanstalten verdienen?
… unbegründet ist die Beschuldigung, dass die Chemie zu nützlich sei und den Materialismus befördere.


Die Schule der Chemie, J. A. Stöckhardt
Braunschweig, Vieweg und Sohn 1846

 

Möchte es mir in diesem ersten Briefe gelingen, die Ueberzeugung zu befestigen, daß die Chemie als selbständige Wissenschaft eines der mächtigsten Mittel zu einer höheren Geistescultur darbietet, daß ihr Studium nützlich ist, nicht nur insofern sie die materiellen Interessen der Menschen fördert, sondern weil sie Einsicht gewährt in die Wunder der Schöpfung, welche uns unmittelbar umgeben, an die unser Dasein, Bestehen und unsere Entwicklung aufs engste geknüpft sind.

Keine unter allen Wissenschaften bietet dem Menschen eine größere Fülle von Gegenständen des Denkens, der Ueberlegung und von frischer sich stets erneuernder Erkenntniß dar als wie die Chemie; keine ist mehr geeignet, das Talent der Beobachtung in der Entdeckung von Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten in den Erscheinungen in gleicher Weise zu wecken und die Gesetze des Denkens in ihren strengen Methoden der Beweisführung für die Wahrheit einer Erklärung oder in der Aufsuchung der Ursachen und Wirkungen einer Erscheinung gleich anschaulich und geläufig zu machen.


Chemische Briefe von Justus von Liebig, Wohlfeile Ausgabe, Erster Brief, S. 1
Leipzig und Heidelberg, Wintersche Verlagsbuchhandlung 1865

Mehrere nachmals bedeutende Chemiker kamen erst zu diesem Fach, nachdem sie Gasthörer bei Liebig waren.

 

Wenn irgendeine Wissenschaft uns zu souveränen Herren der Natur gemacht und uns aus Naturbeherrschten in Beherrscher der Natur umgewandelt hat, so ist dies das spätgeborene Kulturkind der Menschheit, die Wissenschaft der Chemie. Sie gleicht einem Kinde, das Jahrtausende dazu gebraucht hat, das Sprechen zu erlernen, aber dann mit einemmal imstande war, die während der Jahrtausende angehäuften Eindrücke, die es von der Welt empfangen, in prachtvoller, sinnreicher, künstlerischer Sprache wiederzugeben. Sie gleicht einer Pflanze, die durch Jahrtausende kräftig-fleischige Blätter angesetzt hat, um plötzlich, über Nacht, die schönsten Blüten hervorzubringen. Sie gleicht einem spät erkannten, lange verachteten Stein, der, endlich gewürdigt und erkannt, durch diese Erkenntnis wie mit einem Zauberstabe berührt, sich in jeden gewünschten, wunderbar-merkwürdigen Stoff verwandelt; oder dem mystischen Schlüssel Mephistos, der den grauen formlosen Nebel in Götter umformt.

Die Romantik der Chemie, Oskar Nagel, Kosmos Gesellschaft der Naturfreunde, Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1914

 

Die Chemie ist ein Handwerk und es stirbt mit mir aus!

Otto Hönigschmid, um 1930?, zitiert nach Lothar Birkenbach
Chemische Berichte, 82. Jahrg. Nr. 4-5 S. XI-LXV, August 1949

 

It is said that, during his long membership in the Yale faculty, Willard Gibbs made but one speech, and that of the shortest. After a prolonged discussion of the relative merits of language and mathematics as elementary disciplines, he rose to remark, "Mathematics is a language". However, such a language, usually acquired late in life, must not be used unnecessarily in place of our mother tongue if we wish to avoid an appearance of affectation.
Mathematics offers a wonderful shorthand for the precise formulation of well-standardized ideas. On the other hand, the expressions of mathematics are lacking in humor, which is to say that they are no suitable medium for those finer shades of thought which are often necessary in the exposition of ideas which are on the way toward standardization. The formal severity of a mathematical treatment has its disadvantages. Indeed in our opinion absolute mathematical rigor is a sort of ignis fatuus, which must not serve as a guide to the scientific investigator, although we do not claim that its pursuit, with proper safeguards, may not offer a very wholesome exercise.


G. N. Lewis, M. Randall, Revised by K. S. Pitzer, L. Brewer, 2nd ed.
New York &c., McGraw-Hill 1961

 

… ist Chemie die Wissenschaft, die sich mit den Ursachen und Wirkungen von Elektronenabgabe, -aufnahme oder -verteilung zwischen Atomen oder Molekülen und mit den Beziehungen zwischen den Energieniveaus solcher Elektronen innerhalb der Atome oder Moleküle befaßt.

RÖMPP CHEMIE LEXIKON, 9. Auflage Bd. 1, S. 636
Thieme, Stuttgart 1989


 
 
 
 

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